Oster-Skitouren im Vinschgau

Weihnachten im Grünen, Ostern im Schnee – so allmählich scheint sich das zu manifestieren.
Mit mehr als zwei Wochen Zeit machen wir uns zu Ostern wieder auf den Weg nach Süden. Diesmal auf der Suche nach Schnee. Nach den ergiebigen Schneefällen allerorten im Januar hat der Frühsommer im März mächtig an den Reserven gezehrt. Und genau jetzt, in der zweiten Aprilhälfte, kommt der Winter zurück.Wir müssen abwarten, was das Wetter für unsere geplanten Skitouren bringt. Niederschläge erhöhen die Lawinengefahr und verschlechtern die Sichtverhältnisse. Zunächst genießen wir für zwei Tage die gut präparierten und überschaubar bevölkerten Pisten in Ober- und Hochgurgl. Angenehmer Nebeneffekt ist die Höhenanpassung auf über 3.000 m NN. Den geplanten Einstieg über die Langtalereckhütte in die Ötztaler Runde canceln wir auf Grund der vorher gesagten Neuschneemengen. Für das Ortlergebiet verspricht uns die Wetter-App bessere Bedingungen in den nächsten Tagen. Also hinunter ins Inntal und über den Reschenpass nach Sulden. Das Auto lassen wir am Parkplatz der Talstation stehen und nutzen mit dem Tourengeherticket Seilbahn und Sessellift bis hinauf zur Bergstation Schöntaufspitze. Die Pisten oben sind in hervorragendem Zustand, aber viele freiliegende steinige Hänge dazwischen zeigen, dass der Winter nicht viel Schnee gebracht hat. Wir gleiten hinüber zum Madritschjoch und hoffen, dass das sonnseitig ausgerichtete gleichnamige Tal genügend Schnee für die rund eintausend Höhenmeter Abfahrt zur Zufallhütte hat. Es wird besser, als wir schon befürchtet hatten. Bei nicht optimalen Sichtverhältnissen helfen uns ältere Spuren bei der Routenfindung. Kein Bruchharsch, meist Wind gepresster, schwerer Schnee – relativ entspannt können wir nach unten schwingen. Bis wir einen Lawinenstrich erreichen, der rechterhand von der Madritschspitze herunter zieht. Danach verengt sich der Talboden auf wenige Meter Breite. In der Klamm lässt uns das muntere Plätschern eines Bächleins unter der Schneedecke permanent über deren Tragfähigkeit nachdenken. Nach der guten alten Kanufahrer-Regel “Speed is your friend” zischen wir über die kritischen Stellen, geben so keine Gelegenheit zum Einbrechen. Je tiefer wir kommen, um so öfter wagt sich das Wasser an die Oberfläche. “Vom Eise befreit sind Strom und Bäche …”. Zumindest sind sie gerade dabei. Wir schnallen ab, steigen zu Fuß, schnallen an, gleiten ein Stück. Schließlich kommen die Skier an den Rucksack und wir legen das letzte Stück zur Zufallhütte zu Fuß zurück. Uli, der Hüttenwirt, empfängt uns mit einem Schnapserl, wir gönnen uns ein Zweibett-Zimmer und werden am Abend kulinarisch verwöhnt. Eigentlich wollen wir am nächsten Morgen weiter, aber Schneefall und tief hängende Wolken lassen das nicht ratsam erscheinen. Wir beschließen, mit Tagesgepäck soweit als möglich aufzusteigen. Erst nach einer halben Stunde Fußmarsch können wir die Skier anschnallen. Im Steilhang zur Marteller Hütte hat es Blankeis, das von einer dünnen Schicht Neuschnee überdeckt wird. Wir legen die Steigeisen an. Danach wird es wieder flacher und der Neuschnee tiefer. Während eines kurzen Abstechers in die Hütte klart es draußen etwas auf. Wir nutzen die Chance und steigen über den Zufallferner hinauf, bis uns auf etwa der 3.000 m-Marke das Wetter wieder einholt. Neuschnee verdeckt unsere Aufstiegsspur und die Sicht sinkt auf unter zwanzig Meter. Wir drehen um. Obwohl die Richtung (abwärts) klar ist, bleibt die Orientierung in dem Weiß auf Weiß schwierig. Es gibt kaum Anhaltspunkte und wir fahren ungewollt viel weiter rechts als im Aufstieg ab. Endlich erkennen wir vor uns die Marteller Hütte. Wir halten uns links, nehmen auch den Steilhang mit den Skiern und sind bald darauf daheim.

Ein neuer Tag und wir ziehen um in die Marteller Hütte. Allerdings nicht auf direktem Weg. Nach dem inzwischen bekannten Fußmarsch klicken die Bindungen und wir halten uns geradeaus auf den Langerferner. Der macht seinem Namen alle Ehre. Die Sicht ist wechselhaft. Eiskalter Wind zwingt uns in die Hardshell-Jacken. Lange, flache Passagen wechseln mit steilen Aufschwüngen, die wir in Spitzkehren bewältigen. Je höher wir kommen, um so stürmischer die Verhältnisse. Immer wieder bleiben wir stehen und drehen den ungebremst heran eilenden Böen den Rücken zu. Nach tausend Höhenmetern erreichen wir das Rifugio Casati. Nur wenige Tourengeher haben sich heute hierher verirrt. Zielstrebig okkupieren wir einen Tisch direkt am warmen Kachelofen. Cappuccino und Minestrone wärmen uns von innen. Nach der Pause queren wir den Gletscher nach Osten und steigen dabei noch hundert Höhenmeter auf. Nur kurz und verschleiert zeigen sich Zufallspitze und Cevedale, dann reduziert sich die Sicht auf wenige Dutzend Meter. Wir folgen vier ortskundigen Tourengehern, die auf dem Weg zur Zufallhütte sind. Abfellen am höchsten Punkt, lang und relativ flach geht es hinüber zum Zufallferner. Hier wird die Sicht deutlich besser. Bald können wir unten die Marteller Hütte erkennen, wo wir nach frischem Pulverschnee-Abfahrtsvergnügen einziehen. Es folgt ein gemütlicher Abend in der international belegten Gaststube. Drei Schweizer laden uns zu Rotwein ein. Elisa und Christian, die jungen Wirtsleute, zaubern gemeinsam mit Christians Bruder einen kulinarischen Höhepunkt nach dem anderen. Die beiden Männer sind von Beruf Elektriker. “Ja Leute, wenn in Südtirol schon die Elektriker so kochen, was machen dann erst die Köche?”
Morgenrot am klaren Himmel treibt mich am nächsten Morgen noch vor sechs Uhr aus dem Bett vor die Tür. Das Thermometer zeigt minus 20 Grad C. Aber endlich: Freier Blick nach allen Richtungen. Geduldig stehen die Bergriesen in der blauen Stunde und warten, dass die Sonne sie erreicht. An der Königsspitze beginnt das Schauspiel, bald leuchten auch die anderen Gipfel im Licht. Wir lassen es gemächlich angehen. Unser heutiges Ziel, die Cima Marmotta (Köllkuppe), 3.330 m, ist eine eher kurze, aber sehr schöne Tour. Etwas knifflig wird der Aufstieg zum Gletscher durch eine steile, hart gefrorene Rinne, wo wir die Harscheisen einsetzen. Bereits oben auf dem weiten Gletscherfeld beginnen wir die gewaltige Aussicht zu genießen. In voller Pracht steht das berühmte Dreigestirn mit Ortler, Zebru und Königsspitze im Nordwesten. Im Steilhang zum Gipfel führt Petra in Spitzkehren. Den Grat erklimmen wir mit den Skiern in den Händen. Hier packt uns der eiskalte Wind. Wir suchen uns ein geschütztes Plätzchen, ich springe hinauf zum nahen Gipfel. Ein herrlicher Aussichtspunkt! Aber nur kurz, es wird schnell ungemütlich im stürmischen Wind. Für den Abstieg vom Grat gehen wir auf Nummer sicher, legen Steigeisen an und stecken die Skier an die Rucksäcke, um die Hände frei zu haben. Der Wind lässt uns taumeln, wir sind froh, als wir vom Grat runter sind. In sicherer Position schnallen wir die Skier an und dann folgt das pure Abfahrtsvergnügen über die unverspurten Hänge des Hohenferner Richtung Norden, wo sich die Gletscherzunge weit herunter zieht und wir die Marteller Hütte auf den letzten Metern schließlich zu Fuß von der anderen Seite wieder erreichen.
Abschied vom Marteller Tal. Uli und sein Team von der Zufallhütte, Elisa und Christian von der Marteller Hütte sind tolle Gastgeber. Wir hoffen, wir können bald wieder kommen. Wieder mit vollem Gepäck steigen wir über den Zufallferner auf. Das Wetter hält, sogar der Wind hat etwas nachgelassen. Dort wo die Route zum Cevedale nach Süden abbiegt, ragt rechts eine Felseninsel aus dem Eis. Der Wahnsinn hat viele Namen. Hier heißt er Alpenkrieg. Auf dem Fels stehen seit nunmehr hundert Jahren drei Kanonen, unter unvorstellbaren Strapazen nach oben gequält von russischen Kriegsgefangenen, wie uns Christian erzählt hat. Welch ein Kontrast angesichts der Schönheit dieser Landschaft und der Menschen verschiedener Nationen, die heute friedlich darin unterwegs sind.
Wie eine Sichel liegen jetzt Zufallspitze, Cevedale und der sie verbindende Grat vor uns. In der Gipfelflanke des Cevedale glänzt schwarzes Eis. Wir steigen bis zum Steilaufschwung und machen Skidepot. Vor zwei Jahren konnten Martin und ich mit Skiern bis kurz vor den Gipfel. Ist uns heute angesichts des Blankeises zu gefährlich. Angeseilt, mit Steigeisen und Eispickel steigen wir durch die Flanke und über den Grat zum Gipfelkreuz. 3.769 m. Obwohl es ungemütlich kalt ist, verweilen wir länger und genießen den ungehinderten Fernblick. Nach dem Abstieg zum Skidepot folgt die Abfahrt zur Casati-Hütte, wo wir wieder auffellen und auf die Suldenspitze steigen. Hinter uns der Cevedale und all die Berge und Gletscher, wo wir in den letzten Tagen unterwegs waren. Linker Hand zum Greifen nah das Dreigestirn. Weit voraus am Horizont der Reschensee. Lange Abfahrt zum Skigebiet und bis zur Mittelstation der Gondel. Weiter geht’s mit Skiern nicht. In Sulden stärken wir uns fast traditionell in der Konditorei Olympia, bevor wir uns auf den Weg ins Schnalstal machen.

Immer noch haben wir den Plan, in die Ötztaler Runde einzusteigen, jetzt eben vom Schnalstal. Aber zunächst verbringen wir einen sonnigen Frühlingstag großenteils auf einer Bank am Waldrand oberhalb von Kurzras, genießen Sonne, Aussicht und das Nichtstun. Tags darauf haben sich die Gipfel in Wolken verhüllt und der Wind weht derart in Sturmstärke, dass im Skigebiet kein Seilbahnbetrieb möglich ist. Wieder keine Chance über Weißkugel zum Hochjoch Hospiz zu kommen. Wir machen das Beste daraus: Eine Skitour die verwaisten Pisten hinauf zur Schönen Aussicht. Später müssen wir uns noch eine Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten Tage suchen und finden gleich beim ersten Versuch in Vernagt ein kleines Goldstück mit einer herzlichen Gastgeberin und Zimmer mit Blick auf den See und die Berge.
In den nächsten Tagen wird Kurzras der Ausgangspunkt für unsere Skitouren. Die Skipisten auf der Westseite sind bereits geschlossen (hier wird eine neue Seilbahn gebaut), aber noch in gutem Zustand. Ein optimaler Zugang in das darüber liegende Gelände. Gute zwölfhundert Höhenmeter sind es hinauf auf das Lazaunjoch gefolgt von unverspurtem Abfahrtsvergnügen auf den weiten Hängen. Zwei Tage Schlechtwetter bringen den Winter bis nach Vernagt zurück. Wir überbrücken sie mit einer Wanderung hinauf zur Burg Juval, erkunden die alten Klosteranlagen in Karthaus und genießen die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran. Auch danach sieht es nicht besonders gut aus. In den höheren Lagen stürmt und schneit es. Petra zieht es vor, von Vernagt eine ausgedehnte Wanderung um den See Richtung Kurzras zu unternehmen. Ich nehme die Skier und steige von Kurzras auf der nahezu leeren Piste bis hinauf zur Bergstation Grawand. Ich komme zügig voran, aber oben an der Abzweigung zur Schönen Aussicht nehmen Sturm und Schneefall dermaßen zu, dass Hardshell-Jacke und Fausthandschuhe zum Einsatz kommen. Im Steilhang zur Bergstation Gletschersee muss ich Spitzkehren laufen. In großen Abständen kommen zwei, drei Skifahrer herunter gewedelt, am Rand wartend, lasse ich sie passieren, bevor ich erneut quere. Hier liegen mittlerweile zwanzig bis dreißig Zentimeter Neuschnee, trotz schlechter Sicht ist die Abfahrt sichtlich ein Powdervergnügen. Ich freue mich schon drauf. Wieder ein Skifahrer, ich warte am Rand, er schwingt vor mir ab. Alpinpolizei steht auf seinem Helm. Oje, ich ahne nichts Gutes. “Tourengehen auf der Piste ist verboten!”, ist der erste Satz nach der Begrüßung. Okay, unten in Kurzras stehen die entsprechenden Schilder, trotzdem sind in den vergangenen Tagen wohl Dutzende Tourengeher die Pisten hinauf. Offensichtlich wird es toleriert. Zum Glück meint er es auch nicht so ernst. Allerdings soll ich von der Steilpiste runter, da sie nur mit Querungen zu bewältigen ist und somit die Gefahr der Kollision mit abfahrenden Skiläufern besteht. Natürlich ist mir das klar, und ich bin entsprechend vorsichtig unterwegs in dem Teilstück. Aber eine Diskussion erscheint mir nicht ratsam, zumal der Polizist aus seiner Sicht Recht hat. Er zeigt mir die Richtung durch das Gelände zur benachbarten roten Piste. Auf dem Weg dahin ist es mir schon ein bißchen mulmig, die Sicht wird immer schlechter und ich laufe auf dem nicht präparierten Gletscher. Andererseits sage ich mir, er wird mich sicher nicht in spaltiges Gelände schicken. Trotzdem bin ich froh, als die Pistenmarkierungen auftauchen. Im Schlussanstieg zur Bergstation Grawand hangele ich mich von Schild zu Schild. Selbst das ist eine kleine Herausforderung, da die Sicht oft nicht bis zur nächsten Markierung reicht und es zwischen Piste und Gelände in dem Schneesturm kaum einen Unterschied gibt. Oben dann der Kontrast. Automatisch öffnende Türen und man steht im weitläufigen Foyer des Glacier Hotels Grawand***. Ich wärme mich auf und genieße dann die lange Abfahrt ins Tal im frischen Pulverschnee.
Traumwetter am letzten Aprilwochenende. Heute geht was. Aber der Lawinenbericht warnt: “Vorsicht! Gefährlicher erster Schönwettertag nach ergiebigem Schneefall! Stufe III. Gesamte Höhe, alle Expositionen.” Doch wir haben einen guten Plan: Wieder von Kurzras steigen wir zunächst die steile Piste hinauf. Schon jetzt haben wir wunderbare Aussichten. Drüben, in den Hängen unterhalb der Schwemser Spitze sehen wir tatsächlich Tourengeher im Gelände, auch einen ersten Lawinenrutsch können wir erkennen. Wir laufen bis zur Teufelsegghütte. Rechts geht es weiter Richtung Schöne Aussicht und Grawand. Geradeaus führt die nicht in Betrieb befindliche Piste Teufelsegg 2 hinauf auf 3.034 m bis unter den gleichnamigen Gipfel. Für uns heute eine sichere Route mit einer satten Neuschneeauflage. Wir müssen nicht einmal Spuren, vor uns hatten einige offensichtlich die gleiche Idee. Steile Hänge, wo wir Spitzkehren müssen, wechseln mit flacheren Abschnitten. Wir kommen gut vorwärts. Eben noch ragte die Steinschlagspitze (2.861 m) steil vor uns auf, bald schauen wir von oben auf ihren Gipfel. An der Bergstation des Sesselliftes macht Petra Rast. Ich steige weiter zum Teufelsjoch und auf dem Kamm weiter zum Gipfel des Teufelsegg (3.227 m), die letzten Meter zu Fuß auf dem abgeblasenen Grat. Die Belohnung ist ein gewaltiger Rundblick auf die Ötztaler Gipfel mit der Weißkugel in greifbarer Nähe, Wildspitze, Finailspitze, Similaun, … Wir powdern hinunter zur Teufelsegghütte und setzen uns dort in die Sonne. Heute findet der Ötzi Alpin Marathon statt. Unten in Naturns auf 554 m Seehöhe starten die Sportler mit dem Mountainbike. Nach 24,2 km und 1.536 Höhenmetern, wo das Rad teilweise getragen werden muss, wird in Unser Frau auf Laufschuhe gewechselt und über 11,3 km und 495 Höhenmeter hinauf nach Kurzras gerannt. Hier beginnt die letzte Etappe als Skibergsteiger über 6,7 km und 1.201 Höhenmeter zur Bergstation der Gletscherbahnen. Es gibt eine Mannschaftswertung für Dreier-Teams mit je einem Sportler pro Teilstrecke, als auch eine Einzelwertung für die gesamte Strecke. Jetzt am frühen Nachmittag sind die Schnellsten schon lange durch. Trotzdem zieht noch eine bunte Kette von Skitourengehern herauf, die meisten leicht bekleidet, manche sogar in kurzen Hosen. Dankbar erfrischen sie sich am hier postierten Verpflegungsstand. Der schnellste Mann brauchte 3:26.30,4 h für die ganze Strecke, die Siegerin bei den Frauen 4:15.13,1 h. Hut ab vor allen Teilnehmern!
Die letzte Skitour unternehmen wir wieder im freien Gelände. Nach einem kurzen Stück auf der geschlossenen Lazaunpiste II, wo wir uns von Schneefleck zu Schneefleck tasten, geht es in diesem Stil weiter Richtung Norden. Zwei Tage Frühlingssonne haben gereicht, um den Neuschnee der vergangenen Tage hier unten (auf 2.000 m NN) deutlich zu reduzieren. Mal die Skier an den Füßen, mal in den Händen müssen wir zwei, drei Mal einen Bachlauf queren. Bald erreichen wir einen Talkessel und beginnen auf zunehmend geschlossener Schneedecke unseren Aufstieg durch das Langgrubtal. Eine sichere Spur ist bereits gelegt, nach einem steilen Anstieg geht es scheinbar flach Richtung Talschluss. Aber der gelegentliche Blick zur Schönen Aussicht und Grawand zeigt uns, dass wir schnell an Höhe gewinnen. Den Hang, der zum Bildstöckljoch hinauf führt, lassen wir rechts liegen und erreichen wenig später den Steilhang, der auf über 3.000 m von nahezu senkrechten Felsen begrenzt wird und rechts in eine kleine Scharte, das Langgrubjoch, mündet. Im Zickzack steigen wir auf, im letzten Drittel über einen breiten Lawinenstrich, der gestern hier abgegangen ist. Auch heute tut die Sonne ihre Arbeit. In den Felsen rechts über uns löst sich ein Schneefeld und gleitet schnell breiter werdend auf uns zu. Die Auslaufzone ist groß genug, aber wir sind gewarnt. Fast oben angekommen, rastet Petra in sicherer Position. Ich quere auf hartem Untergrund den frei gerutschten Steilhang hinüber und klettere noch durch die Scharte. Oben warten wieder weite Hänge, aber es ist uns zu unsicher, noch weiter aufzusteigen. Auch so warten über eintausend Höhenmeter Abfahrt auf uns. Und die wird ein Traum, wie er besser kaum sein kann. Während sich Petra eine flachere Route wählt, suche ich die steilen Hänge und Rinnen, bedeckt mit dreißig Zentimeter Neuschnee, trotz der Wärme noch fluffig. Unbeschwert können wir es laufen lassen. Unsere breiten Ski schwimmen auf und bringen uns aus dem Winter hinunter in den Frühling.