Auf den Spuren der Inkas

RUCKSACK-TOUREN ZWISCHEN MACHU PICCHU, TITICACA-SEE UND LA PAZ

Wer durch Peru und Bolivien, die beiden südamerikanischen Staaten knapp unterhalb des Äquators, reist, der erlebt eine traumhafte Symbiose an Geographie, Kultur und Geschichte. Bis weit über sechstausend Meter ragen die Andengipfel in den Himmel. Allgegenwärtig sind die Zeugnisse solcher Hochkulturen, wie die der Inka. Im Osten stürzen die Gebirgshänge mehrere tausend Meter tief hinunter in den Dschungel.

Von Lima fliegen wir hinauf in die alte Inka-Hauptstadt Cuzco. Die Stadt fasziniert uns mit den Indianern in ihrer farbenfrohen Kleidung, den erdbebensicheren Mauern der Inka-Architekten und den darauf gebauten Kathedralen und Häusern der spanischen Eroberer. Koka-Tee hilft uns, mit der ungewohnten Höhe von 3400 m fertig zu werden. Unbegreiflich bleibt uns, wie man einst die gigantischen Steinblöcke hinauf in die Festung Sacsaywaman über der Stadt transportiert hat. Auf unserer Fahrt zum Ausgangspunkt des Inka-Trail besteigen wir auch die Festung Ollanta, die von den Spaniern nie erobert werden konnte. Die Zugfahrt von hier zum Kilometer 88 gleicht dem Transport in einer Sardinenbüchse. Hier beginnt der Inka Trail nach Machu Picchu. Knapp vier Tage schleppen wir unsere schweren Rucksäcke über mehr als 4000 m hohe Pässe durch eine wunderschöne Berglandschaft. Dann endlich schauen wir vom Sonnentor hinunter auf die Stadt, die man erst 1911 im Bergdschungel entdeckte. In Machu Picchu bewundern wir die exakt behauenen Mauern, die Terrassenfelder, die Bewässerung – alles Zeugnisse einer hoch entwickelten Baukunst und Landwirtschaft.

Wieder zurück in Cuzco fahren wir mit dem Zug weiter nach Puno am Titicaca-See. Mit einem kleinen Boot besuchen wir die schwimmenden Schilfinseln der Nachfahren der Uro-Indianer und setzen dann nach Taquile über, zur Insel der strickenden Männer. Eine gastfreundliche Familie nimmt uns auf. Die Ruhe ist idyllisch, die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Am östlichen Horizont erkennen wir die weißen Riesen der Königskordillere.

Entspannt wechseln wir mit dem Bus hinüber nach Bolivien. Wir steigen in Copacabana ab und fahren von hier auf die Sonneninsel. Der Sage nach stammen die Inkas von hier. In einer einsamen Bucht unter einer alten Ruine schlagen wir für einige Tage unsere Zelte auf.

Die Überfahrt vom Titicaca-See nach La Paz wird für uns zum Kontrastprogramm. Schon in der viertausend Meter hoch gelegenen Vorstadt El Alto bekommen wir fast Panik angesichts der herunter gekommenen Gebäude, der engen Strassen und der vielen Menschen. Wir erkennen Verkehrsschilder wieder, die es auch bei uns gibt. Aber für den Verkehr scheinen hier andere Regeln zu gelten. Für uns ein einziges riesiges Chaos, aber es funktioniert. Nachdem wir im Zentrum von La Paz eine gemütliche Hospedaje gefunden haben und die Stadt zu Fuß erkunden, erkennen auch wir System in dem vermeintlichen Durcheinander. Wir haben keine Hemmungen mit den Menschen in Kontakt zu treten. Aber als wir mit einem für maximal zwölf Personen ausgelegten Micro (=Kleinbus) zur Ruinenstätte Tiwanaku fahren, wird es mit sechsundzwanzig (!) Passagieren an Bord doch recht intensiv.

Obwohl wir nicht für große Höhen ausgerüstet sind, reizt mich der Sechstausender Huayna Potosi in der Nähe von La Paz zu sehr. In der Stadt leihe ich mir mit Lennart wenigstens Steigeisen aus. Zu viert kraxeln wir bis ins Hochlager auf etwa 5100 m Höhe. Mitten in der Nacht bei -20° C mache ich mich mit Lennart auf den Weg zum Gipfel. Aber er bekommt Bauchschmerzen und muss umkehren, obwohl es ihm gestern doch noch so gut ging. Ich erreiche den Gipfel und erwarte dort zähneklappernd den Sonnenaufgang, der mich für die ganze Schinderei entschädigt. Der Blick reicht bis hinüber an den Titicaca-See.

Unser letztes Abenteuer führt uns vom 4880 m hohen Pass Abra Chucura hinunter in die Dschungelstadt Coroico auf 1300 m Höhe. Dreieinhalbtausend Höhenmeter Abstieg auf einem Trail, der schon von Indianern vor den Inkas angelegt wurde. Von den kalten, Licht überfluteten Bergen schieben uns unsere schweren Rucksäcke unnachgiebig bergab durch die verschiedenen Vegetationszonen. Schließlich campieren wir mitten im dampfenden Bergdschungel, umgeben von grünen Mauern, aus denen die seltsamsten Geräusche dringen.

Zu guter Letzt erholen wir uns in Coroico fast feudal im Pool und bei Pisco Sour von all unseren Erlebnissen.