Vier Tage – drei Klassiker

Die Nacht im Auto auf dem Parkplatz oberhalb vom Arthurhaus wird kurz. Gleich nach Mitternacht angekommen und in den Schlafsack gekrabbelt, rollen tatsächlich um halb Fünf (!) die ersten Tourengeher an. Ich wälze mich noch ein wenig herum, aber es hat keinen Zweck, der Schlaf ist vorbei. Knapp zwei Stunden später mache ich mich auch auf den Weg. Die Mandlwand leuchtet in der Morgensonne, die Täler rundum liegen unter einer geschlossenen Wolkendecke.

Kurz über die Piste, dann folgt der Fahrweg zur Mitterbergalm, wo die Ski an einigen ausgeaperten Stellen getragen werden müssen. Auf der langen Querung in das Ochsenkar werde ich fast zum Hanghuhn. Hier gibt es ein paar gewaltige Lawinenstriche. Weit oben taucht die Torsäule auf. Unschwierig über gestuftes Gelände geht es hinauf und südlich an der Torsäule vorbei. Dahinter wird es kurz flach, bevor man das Obere Ochsenkar über steile Hänge nach links hinauf verlässt und endlich den Rand der Hochfläche erreicht. Der erste Blick auf das Matrashaus; ist schon noch ein Stück. Der Weg verlängert sich durch ständiges Auf und Ab, ausgeaperte und abgeblasene Stellen, bis der steile Gipfelhang noch einige Spitzkehren erfordert. Oben weht ein kalter Wind. Im Winterraum wechsele ich zunächst mein durchgeschwitztes Shirt und genieße dann warm eingepackt die fantastische Aussicht vom HOCHKÖNIG, dem höchsten Berg der Berchtesgadener Alpen. Die Abfahrt über das Hochplateau wird durch die Herausforderung, möglichst wenig Gegenanstiege mitnehmen zu müssen, etwas knifflig. Dann folgt ein Abfahrtsgenuss über die steilen Hänge rechts der Aufstiegsroute bis ins Untere Ochsenkar. Später belohne ich mich mit Cola-Weizen auf der sonnigen Terrasse des Arthurhauses und dem Blick auf den Hochkönig.

Einen Tag später ein Abstecher an den Jenner, wo ich bei den Deutschen Meisterschaften im Slalom zuschaue. Am Abend treffe ich mich mit Andre Kiesewetter in Obertraun. Am nächsten Morgen mit der Seilbahn zum Krippenstein und die Abfahrt auf der jungfräulich präparierten Piste bis zum Anfellplatz oberhalb der Gjaidalm. Hier starten wir bei bestem Wetter in die sogenannte Rumplerrunde, auf der wir den HOHEN DACHSTEIN besteigen und über Simonyhütte und Gjaidalm zurück nach Obertraun gelangen wollen. Durch das beeindruckende Karstgebiet des Dachsteinplateaus steigen wir hinüber bis zum Skigebiet am Schladminger Gletscher. Hier nutzen wir aus Zeitgründen den Lift als Aufstiegshilfe, denn wir sind verabredet. Vom Gjaidsteinsattel gleiten wir an den Dirndln vorbei in die Senke, wo wir wieder auffellen und den immer steiler werdenden Hang zum Einstieg des Randkluftklettersteiges schließlich in Spitzkehren ersteigen. Knapp unter dem felsigen Gipfelaufbau wird Skidepot gemacht. Dort erwarten uns Ronny Hornschuh und Andi Mitter, die von Ramsau mit der Seilbahn herauf gekommen sind. Skispringer-Team komplett 🙂 ! Wir rüsten auf Steigeisen um. Einer wird den Hang später hinunterlaufen müssen, weil er bei der Prozedur einen seiner Ski vorfristig auf Talfahrt schickt. Zum Glück bleibt dieser in Sichtweite liegen. Die Stahlseile am Klettersteig sind teilweise eingeschneit, dort steigen wir frei. Die hundert Höhenmeter sind schnell überwunden. Oben erwartet uns ein Traumpanorama. Wir genießen nicht allzulang. Trotz der sommerlichen Temperaturen weiter unten, weht hier ein eiskalter Wind, der das Wasser in meinem Trinkschlauch zum Gefrieren bringt. Für den Abstieg nehmen wir die 50° steile Rinne neben dem Klettersteig. Umrüsten auf Ski, dann folgt die herrliche Abfahrt den Hallstätter Gletscher hinunter bis zum eingeschneiten Eissee. Trotz des frostigen Namens herrscht hier unten eine regelrechte Hitze. Auffellen, überflüssige Kleidung ablegen, dann schleppen wir uns hinauf zur Simonyhütte. Isotonische Getränke kühlen den Körper in den Komfortbereich. Noch ein Höhepunkt: Abfahrt direkt von der Hütte über die steile, hart gefrorene “Scheißhäusl-Nordwand” hinunter zur präparierten Skiroute. Darauf teilweise im Skicross-Stil zur Gjaidalm, und über die Krippensteinpiste ins Tal nach Obertraun. Perfekt!

Ein neuer Tag, ein neues Ziel. Früh am Morgen fahren Andre und ich von Obertraun nach Schönau am Königssee und stellen das Auto am Parkplatz Hammerstiel ab. Hier liegt kein Pfitzelchen Schnee. Wir schnallen die Ski mit den Schuhen in den Bindungen an die Rucksäcke und beginnen unsere Wanderung die schattige Forststrasse hinauf in Turnschuhen. Unterwegs werden wir von einigen Skitourengehern auf Mountain- und E-Bikes überholt. An der Schapbachalm wird das Gelände offener und wir haben schöne Ausblicke zu unserem Ziel dem WATZMANNKAR mit den Watzmannkindern zwischen den beiden Eltern. Oberhalb der Alm tauchen wir wieder in den Wald ein und erreichen wenig später die markante Benzinkurve. Hier sind die Fahrräder abgestellt, hier fellen wir auf und ziehen die Tourenschuhe an. Allerdings tragen wir die Ski auf dem schmalen Pfad, der geradeaus hinauf führt, da es noch keine geschlossene Schneedecke gibt. Nach einigen hundert Metern gelangen wir an eine steile Schneise, in der wir irgendwann anschnallen. Der Aufstieg auf dem hart gefrorenen Untergrund ist mühsam. 10.46 Uhr: A.K. verliert kurz die Nerven, als er das dritte Mal ausgleitet und wieder einige Meter zurück rutscht. Im Vorbeigehen brumme ich nur: “Musst halt abschnallen.” Aber er kämpft sich weiter hoch. So wie der Wald lichter wird, legt sich das Gelände zurück. Zwischen gewaltigen Felsblöcken hindurch gelangen wir in das untere Ende des Kars. Oben leuchten die Watzmannkinder in der Sonne. Welch ein Anblick. Unterhalb des “dicken” vierten Watzmannkindes erreiche ich die Schattengrenze, setze mich in die Sonne und warte auf Andre. Noch vierhundert Höhenmeter. Nach der Pause queren wir einen Lawinenstrich, überwinden einen Steilhang in Spitzkehren und ziehen schließlich in gerader Spur hinauf zum dritten Watzmannkind. Hier ist es einfach gewaltig: Der Tiefblick zum Königssee, hinüber zum fünften Watzmannkind, in die berühmte Ostwand oder zurück ins Kar. Gewaltig wird auch die nahezu perfekte Firnabfahrt bis zum Ende des Kars. Die im Aufstieg vereiste Rinne ist jetzt griffiger und wir kommen auch dort gut hinunter an die Schneegrenze. Ein schöner Frühlingsspaziergang zurück nach Hammerstiel beschließt diese herrliche Tour!